Georg Salvamoser Preis

Nahwärme Schönstadt eG

Die Erfolgsgeschichte des Gewinnerprojekts aus Schönstadt (Hessen) beginnt im ortsansässigen Sägewerk. Nachdem berechnet worden war, dass die Abwärme des dortigen Biomasse-Heizkraftwerks ausreichen würde, um das gesamte Dorf mit Wärme zu versorgen, war die Idee für ein bürgereigenes Nahwärmnetz schnell geboren.

Das Heizkraftwerk diente bislang zur Stromeigenerzeugung im Sägewerk. Die Abwärme wurde für die Holztrocknung im Sommer verwendet, für das Winterhalbjahr blieb das Abwärmepotenzial noch ungenutzt, die Anbindung des nah angrenzenden Dorfes Schönstadt schien ideal.

Eine engagierte Projektgruppe aus Schönstädter Bürgern initiierte eine Machbarkeitsstudie, um die Möglichkeiten der Abwärmenutzung im Dorf zu eruieren. Sie recherchierte nach Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten und kümmerte sich um Genehmigungen und Vertragsgestaltungen, die Bauplanung, aber auch um die Umsetzung des Projekts. Unterstützung erhielten sie von der Gemeinde Cölbe und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, deren erklärtes Ziel es ist, bis 2040 die gesamte benötigte Energie aus Erneuerbaren Energien aus der Region zu erzeugen.

Den Erfolg des Projekts beförderten auch und gerade die guten finanziellen Argumente. So mussten die Nahwärmegenossen nur 5.000 Euro Eigenanteil pro Anschluss bezahlen, inklusive der Wärmeübergabestationen. Ein weiterer Vorteil: Wärme aus Holz hat einen verlässlichen Preis, eine positive Ökobilanz und bedeutet eine erhebliche Wertschöpf­ung vor Ort.

Nach einjähriger intensiver Vorarbeit der Projektgruppe gründeten Schönstädter Bürger schließlich im April 2011 die „Nahwärme Schönstadt Genossenschaft.“ Mit 286 von insgesamt 370 Gebäuden beteiligen sich über drei Viertel aller Hausbesitzer an der Nahwärme. Auch Gemeinde- und Kreisliegenschaften wie die Schule, der Kindergarten, das Bürgerhaus und die Feuerwehr gingen mit ans Netz.

Die Bauarbeiten des sechs Millionen Euro-Vorhabens begannen im Frühjahr 2012. Jede Straße wurde aufgerissen, über 13 km Rohrleitungen wurden verlegt. In einem nicht mehr genutzten Stall wurde die Energiezentrale mit Steuer- und Regeltechnik sowie einem großen Ersatz-Heizkessel eingerichtet.
Nur wenige Monate später, im Oktober 2012, wurde das größte Nahwärmenetz Deutschlands in Bürgerhand feierlich in Betrieb genommen. Zweieinhalb Jahren hatte es von der Idee bis zur fristgerechten Fertigstellung gebraucht. Auch die Kostenkalkulation erwies sich als „Punktlandung“.

Heute ist die gemeinschaftliche Wärmeversorgung der Stolz aller Einwohner. Über die ökonomischen und ökologischen Vorteile hinaus hat das Projekt den Zusammenhalt unter den Dorfbewohnern gestärkt. Künftig werden in Schönstadt jährlich über 650.000 l Öl und Gas eingespart, in der Umgebung von Schönstadt haben sich weitere Dörfer ein Beispiel genommen und planen und bauen nun ihre eigenen Nahwärmenetze.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war aus der Sicht der Nahwärme-Genossenschaft sicherlich auch das richtige Kommunikationskonzept. So wurden die Bewohner Schönstadts von Beginn an „mitgenommen“. Von Haushaltsbefragungen über Bürgerversammlungen bis hin zu Einzelberatungen der Hausbesitzer wurden alle Möglichkeiten zur Information genutzt. Wichtige Informationen wurden jedem Bürger schriftlich an die Hand gegeben, im Mitteilungsblatt und mit Aushängen publik gemacht und auf einer eigenen Internetseite aktuell gehalten. Hinzu kamen regelmäßige Berichte in der heimischen Zeitung.

Fazit: Eine Gruppe engagierter und umweltbewegter Menschen hat ein sechs Millionen Euro-Projekt auf die Beine gestellt. Sicherlich war hier auch die Unterstützung von Politik, engagierten Planern und Banken wichtig für den Erfolg des Projekts. Doch die Schönstädter haben bewiesen, dass sich mit ausdauerndem Bürgerengagement vor Ort Vieles erreichen lässt, vor allem das notwendige Vertrauen und die Akzeptanz im Dorf.
So kann die 100 Prozent Versorgung mit erneuerbaren Energien gelingen.

Kontakt
Nahwärme Schönstadt eG       
Herwig Hahn   
Am Berg 38
35091 Cölbe
Tel. 06427-484049
E-Mail         

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